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Fenster mit Einfachverglasung – Brandschutz vs. Klimaschutz

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    Fenster mit Einfachverglasung – Brandschutz vs. Klimaschutz


    Hallo liebes Forum,

    das wäre der Bestand:

    Vermietetes kleines Haus (Gebäudeklasse 3, BW) in der Altstadt, Baujahr ca. 1880 mit fünf Fenstern (Einfachverglasung) zur Rückseite.
    Dort hinten gegenüber in ca. 3m Entfernung Geschäftsgebäude mit Brandwand und G30 Verglasung (ca. 1,5qm)
    Zwischen den Gebäuden kleiner Hofraum zum Durchgang, ohne Brandlasten bzw. brennbare Materialien.


    Ich würde nun liebend gerne die alten einfachverglasten Fenster (U-Wert 3,x..?) gegen dreifach-Verglasung austauschen.
    Ich vermute aufgrund des Abstandes zum Gebäude gegenüber müssten G30 Fenster verbaut werden?

    Da die G30 nicht zu öffnen sind wäre die Nutzung als Wohnraum/Esszimmer, Küche verloren. Eine andere Nutzung kommt hier leider nicht in Frage.

    G30 Fenster mit Schließautomatik ist problematisch, da Fenster mit großer Wahrscheinlichkeit dann sehr oft offen sind im Sommer, abgesehen vom Preis, Verlegung der Kabel usw...

    Würde ich nun Alu-Fenster mit Dreifachverglasung einbauen wäre der Bestand um das mehrfache verbessert, sowohl thermisch, als auch brandschutzmäßig...aber vermutlich leider nicht zulässig...?

    Ich zerbreche mir hier seit Jahren den Kopf, komme aber auf keine gute Lösung.

    Sind hier wirklich Brandschutzfenster notwendig, oder reicht es dass das Gebäude gegenüber bereits geschützt ist?
    Die Situation ist ja bereits auch jetzt der Fall und würde ggf. auch viele Jahre leider weiter so bestehen.

    Herzlichen Dank für die Antworten!

    #2
    Guten Tag,

    ohne Details ist es aus der Ferne etwas schwierig mit einer für Sie befriedigenden Antwort.
    Aus baurechtlicher Sicht ist zunächst einmal die Baugenehmigung maßgebend. Und zwar solange, wie das Gebäude gemäß dem genehmigtem Zustand entsprechend genutzt und betrieben wird.
    Solange also nur die Fenster ausgetauscht werden, kann dies unter der vorgenannten Voraussetzung 1:1 geschehen.

    Jetzt kommt der formale Teil.
    Nach heutigen Baurecht (also bei einem Neubau) muss zunächst einmal jeder auf seinem Grundstück die Abstände zu Grundstücksgrenze einhalten. D. h. wenn der Nachbar (hier: Geschäftsgebäude) zu Nahe an der Grenze steht, ist das nicht Ihr Problem, sondern das des Nachbarn.
    Wenn man den eigenen (brandschutztechnischen) Abstand zur Grundstücksgrenze nicht einhalten kann, benötigt das Gebäude eine Gebäudeabschlusswand in Form einer Brandwand (bzw. bei GK 3 mindestens eine hochfeuerhemmende Wand). Diese ist öffnungslos auszuführen. Damit sind also Fenster nicht zulässig.
    Sehr wohl aber im bestimmten Umfang sind Verglasungen der gleichen Brandschutzqualität zulässig; bei einer Brandwand also F90 (und nicht etwa G!).
    Zu den Begriffen: Fenster sind öffenbar und gelten daher als Öffnung; Verglasungen dagegen feststehend und werden wie die Wand betrachtet.
    Es gibt heute auf dem Markt auch F90-Fenster. Diese sind mit technischen Einrichtungen versehen, die im Brandfall das Fenster automatisch schließen. Dieses Funktionsprinzip haben Sie vielleicht schon bei Brandschutztüren gesehen. Für ein Wohnhaus erscheint mit diese Lösung, nicht zuletzt auch wegen der Folgekosten, für ökonomisch wenig geeignet.
    Außerdem ist zu beachten, dass Brandschutzverglasungen und -fenster nur in entsprechend qualifizierte Wände eingebaut werden dürfen.
    Eine F90-Verglasung in einer F0-Wand bleibt F0.

    Gruß
    C. Lammer

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      #3
      Guten Tag Herr Lammer,

      danke für Ihre ausführliche Antwort!

      Zitat von clammer Beitrag anzeigen
      Guten Tag,

      ohne Details ist es aus der Ferne etwas schwierig mit einer für Sie befriedigenden Antwort.
      Aus baurechtlicher Sicht ist zunächst einmal die Baugenehmigung maßgebend. Und zwar solange, wie das Gebäude gemäß dem genehmigtem Zustand entsprechend genutzt und betrieben wird.
      Solange also nur die Fenster ausgetauscht werden, kann dies unter der vorgenannten Voraussetzung 1:1 geschehen.
      Und genau da scheiden sich die Geister.
      Was überwiegt, Brandschutz oder Bestandschutz?
      Manch einer ist der Meinung der Bestandsschutz geht verloren wenn der Bestand (also die alten Fenster) verändert wird.

      Z.B. eine Info dazu
      "Bestandsschutz gilt bei Fenstern in Grenzwänden nicht unbedingt"
      https://www.loebbecke-goevert.de/Akt...unbedingt.html

      Ich vermute genau das ist eine sehr individuelle Auslegungssache je nachdem wer die Sache begutachtet...

      Um nichts falsch zu machen werde ich nun vermutlich die Fenster mit einer Low-e Glasscheibe innen aufdoppeln und somit die alten Rahmen belassen wie sie sind, leider.


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        #4
        Das Urteil bezieht sich auf einen Fall, in dem ein Bauantrag eingereicht wurde. Hier wurde Bestandsschutz geltend gemacht, dem vom Gericht widersprochen wurde. Hier hat also die Behörde nicht ermessensfehlerfrei agiert.
        "Bestandsschutz" bezieht sich auf der Verhältnis der Behörde zum Bürger. Die Frage würde dann relevant, wenn Sie einen Bauantrag stellen oder die Behörde gegenüber Ihnen ein Anpassungsverlangen (an heutiges Baurecht) wegen "Gefahr im Verzug" stellt.

        Gruß
        C. Lammer

        Kommentar


          #5
          Zitat von clammer Beitrag anzeigen
          Das Urteil bezieht sich auf einen Fall, in dem ein Bauantrag eingereicht wurde. Hier wurde Bestandsschutz geltend gemacht, dem vom Gericht widersprochen wurde. Hier hat also die Behörde nicht ermessensfehlerfrei agiert.
          "Bestandsschutz" bezieht sich auf der Verhältnis der Behörde zum Bürger. Die Frage würde dann relevant, wenn Sie einen Bauantrag stellen oder die Behörde gegenüber Ihnen ein Anpassungsverlangen (an heutiges Baurecht) wegen "Gefahr im Verzug" stellt.

          Gruß
          C. Lammer
          Hallo Herr Lammer,

          ich stimme Ihnen zu. Tausche ich ein genehmigtes Fenster aus, ändern sich nicht automatisch die Anforderungen an das Fenster.
          Tausche ich ein schon immer falsch eingebautes Bauprodukt aus (z.B. T30 gefordert, wurde aber RS eingebaut), muss ich T30 einbauen, da ich keinen Bestandsschutz habe und auch nie hatte. Mach ich allerding eine umfassende Sanierung, wie es in dem von Martin benannten Artikel war, hat das Bauamt ein rechtlich geichertes Anpassungsverlangen, der nicht von der Sanierung betroffenen Bauteile in einem gewissen Rahmen (bei uns sind es 10% der Sanierungskosten). Also kein Rosinenpicken bei einer umfassenden Sanierung.

          Wir haben ein Wohngebäude saniert, in dem sich im genehmigten Bestand 8 einfache Fenster in der Gebäudeabschlusswand befanden.
          Es wurde auf Wunsch des Bauherrn zur Abklärung des Bestandsschutzes ein Bauantrag gestellt und seitens der Baubehörde die Fenster unter Wahrung des Bestandsschutzes ohne Feuerwiderstandsdauer weiterhin genehmigt.
          Begründung war hier einerseits, dass keine Nutzungsänderung stattfand, dass viele Räume nur mit zu öffnenden Fenstern weiterhin als Wohnräume nutzbar waren und im Weiteren keine akuten Bedenken hinsichtlich des Personenschutzes bestanden.
          Bedenken bestanden nicht, da der notwendige Treppenraum des Hauses gesichert war, also keine Fenster in der Gebäudeabschlusswand aufwies (ansonsten hätten wir diese Fenster ausgetauscht).

          Es ist also eine Abwägungssache der Genehmigungsbehörde mit Hilfe einer guten Begründung eines Sachverständigen (wobei hier allerdings auch umfassend saniert wurde, Glück gehabt).

          Thema Brandschutz vs. Bestandsschutz:
          Es überwiegt immer der Brandschutz, wenn akute Bedenken bestehen, ansonsten gilt der Bestandsschutz, vorausgesetzt, das Gebäude wurde gemäß damaliger Genehmigung errichtet und genutzt. Dazu kommt eben das mögliche Anpassungsverlangen der Baubehörde im wirtschaftlichen Rahmen.

          Gruß Bruder

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